Platonische Fraktale       
1. Zwei klassische platonische Fraktale 
2. Neue platonische Fraktale



 

2. Aktuelle Experimente mit "Platonischen Fraktalen" in der Schule
    Vorbemerkung
   2.1. Die Konstruktionsvorschrift (Entstehung und Präzisierung)
         Die Frage, Eine Konstruktionsvorschrift
   2.2. Anwendung auf ebene reguläre Polyeder
   2.3. Anwendung auf das Oktaeder
   2.4. Anwendung auf das Ikosaeder
   2.5. Anwendung auf das Dodekaeder
   2.6. Angaben zur konkreten Herstellung unserer Modelle
   2.7. Ausblicke auf weitere Möglichkeiten zu mathematischen Experimenten

Anmerkungen
Literatur
 
 



Platonische Fraktale        Zu zwei klassischen platonischen Fraktalen    

2. Experimente mit platonischen Fraktalen in unserem Unterricht:

Vorbemerkung
Was haben diese seltsamen mathematischen Monster in der Schule zu suchen?
Wir haben im Mathematikunterricht doch wahrlich genug Probleme und Krisen zu bestehen. Und es ist noch offen, ob der Tiefpunkt schon erreicht ist.

Ich glaube daß mit den platonischen Fraktalen kleine Inseln aufgezeigt werden, wo Mathematik ein bischen Spaß gemacht hat. Auch werden für den Bereich der Facharbeiten in diesem Vortrag eine Reihe von Anregungen stecken.

In meinem Unterricht kommen Fraktale zum einen im Differenzierungsunterricht der Jahrgangsstufe 10, zum andern  im Mathematikleistungskurs der Jahrgangstufe 13 und des weiteren in einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft vor.
In den ersten beiden Fällen (= Pflichtunterricht) sind die Fraktale und die gebrochene Dimension fester Unterrichtsbestandteil und zwar mathematisch in dem Sinne, wie oben beschrieben, allerdings ziemlich kurz und eher am Rande als geometrische Ergänzung zu dem Hauptgegenstand Iterationen.(Siehe Bemerkung!)

Aber an dieser Stelle sind nicht die Iterationen sondern platonische Fraktale unser Thema. Sie Fraktale gehören zum Verständnis der Iterationen dazu. Im o. g. Pflichtunterricht werden sie gezeichnet und zu vorgegebenen Figuren ihre gebrochene Dimension berechnet
Auch wenn sie meist keine direkt sichtbaren Anwendungen zu haben scheinen, gibt es es zu den Fraktalen eine sehr große Fangemeinde, sichtbar auch im Internet in Form von unzähligen exotisch schönen Bildergallerien.
Außerhalb des Pflichtunterrichts gab es bei uns immer eine kleine Gruppe von Schülern, die Spaß daran hatten in kleinen QBASIC oder PASCAL-Programmen Bilder zu produzieren. Leider werden solche Schüler zur Zeit seltener.
 



Platonische Fraktale        Zu zwei klassischen platonischen Fraktalen    


Bei der Beschäftigung mit den beiden klassischen räumlichen Fraktalen Sierpinskitetraeder und Mengerschwamm im Differenzierungsunterricht entstand
Die Frage:
Würfel und Tetraeder sind platonische Körper! Sie haben beide ihr klassisches Fraktal.
Was ist mit Oktaeder, Ikosaeder und Dodekaeder?

Frage:
Wie sehen  in Anlehung an Sierpinskitetraeder und Mengerschwamm die Fraktale zu Oktaeder, Dodekaeder und Ikosaeder aus?

Trotz intensiver Bemühungen von Schüler und Lehrer war keine Literatur zu finden! (Siehe Anmerkung!)

Also war die spannende Idee geboren, selbst etwas zu erfinden. Schwer konnte das doch nicht sein. Trotzdem auch nicht trivial.
Die vage Vorstellung eines platonischen Fraktals in Anlehung an Sierpinskitetraeder und Mengerschwamm mußte präzisiert werden!
Selbstähnlich sollte die Figur werden!
Sie sollte aus lauter verkleinerten Oktaeder, Ikosaedern Dodekaedern usw bestehen.

Die Frage galt der Suche nach einer Konstruktionsvorschrift für Fraktale aus Oktaeder, Ikosaeder und Dodekaeder, und zwar möglichst so einfach wie die beiden vorhandenen zu Tetraeder und Würfel. Zugegeben war es doch der Lehrer, der hierüber weiter nachgrübelte.



Platonische Fraktale        Zu zwei klassischen platonischen Fraktalen    

Die erstaunlich einfache Konstruktionsvorschrift:

Die Vorschrift bei Menger lautet sinngemäß: "Entferne von einem Würfel die inneren sieben der siebenundzwanzig Drittelwürfel und wiederhole das mit jedem der zwanzig nicht entfernten Würfel. ...".
Eine Vorschrift in dieser Art ist für unseren Zweck ungeeignet und von den fünf platonischen Körpern nur bei dem ( streng selbstähnlichen  )  Würfel möglich.
Denn wenn man aus einem Oktaeder kleinere Oktaeder entfernt, so ist der Rest keine Figur aus Oktaedern mehr. Entsprechendes gilt für Ikosaeder, Dodekaeder und auch schon für das Tetraeder! Beim Sierpinski-Tetraeder wurden keine Tetraeder entfernt sondern Tetraeder an den Ecken stehen gelassen. Entfernt wurde im Innern dazu der Rest. Und der ist bekanntlich ein Oktaeder. Wichtiger als das, was weggenommen wird, ist also das, was in der Figur bleibt.

Eine Formulierung der Vorschrift zu Sierpinski's Konstruktion aus dieser Sicht lautet: "Lasse von einem Tetraeder an jeder Ecke je ein halb so großes Tetraeder stehen und entferne den Rest und wiederhole das mit jedem entstandenen Tetraeder.... ".  Diese Vorschrift läßt sich offensichtlich besser auf alle anderen platonischen Körper übertragen. Lediglich die Größe der verkleinerten Figuren an den Ecken ist offensichtlich flexibler als "halb so groß" zu wählen. So kommen wir zur endgültigen

Konstruktionsvorschrift zu Fraktalen aus einem Poyeder:
"Lasse von einem Polyeder an jeder Ecke möglichst groß je eine gleichgroße Verkleinerung in paralleler Lage stehen und entferne den Rest. Wiederhole dies mit jedem entstandenen verkleinerten Polyeder.... ".

Möglichst groß heißt, daß die gleich großen verkleinerten Figuren sich also gerade berühren aber nirgends überschneiden.

Diese Vorschrift ist so einfach, daß man sich wundert, daß sie in der Literatur noch nicht zu finden ist! Sie führt zwingend zu einer Lösung, auch übrigens bei anderen nichtregulären Polyedern mit der Möglichkeit zu interessanten mathematischen Experimenten.

Dabei interessieren die z.B. folgende Fragen:
- Wie berühren sich die verkleinerten Figuren im ersten Iterationsschritt ? Beim Sierpinski-Tetraeder berührten sich die vier kleinen Tetraeder in Punkten. Sie könnten sich auch an Kanten oder auf ganzen Flächen berühren?
- In welchem Maßstab steht die verkleinerte Figur zur ganzen Figur? Denn aus diesem Verkleinerungsfaktor errechnet sich u.a. die fraktale Dimension bzw. Hausdorffdimension!
- Wie sieht die topologische Dimension der Grenzfigur aus? Sierpinski-Tetraeder und Mengerwürfel sind Kurven, also Liniengebilde mit der topologischen Dimension 1.
- Beim Tetraeder ist die freigebliebene Lücke ein Oktaeder. Wie kann man die entstandenen Lücken beschreiben?
- Gibt es interessante Schnittflächen?
usw.

Wenn wir im folgenden die oben entwickelte Konstruktionsvorschrift anwenden, so werden wir einige dieser Fragen beantworten. Es werden für den Leser aber sicherlich genügend unbeantwortete Fragen für Eigenexperimente offen bleiben. Experimentieren läßt sich auch sehr gut mit Abwandlungen dieser Konstruktionsvorschrift!



Platonische Fraktale        Zu zwei klassischen platonischen Fraktalen    


 

Anwendung auf die regelmäßigen Vielecke
Auch weil wir auf diese unten zurückgreifen müssen, sei die analoge Vorgehensweise in der Ebene für regelmäßige Vielecke insbesondere beim Fünfeck demonstriert.


d/d' = a/a' = 1 + phi
Anwendung beim regulären 5-Eck

Man sieht hier die Konstruktionsvorschrift beim regelmäßigen Fünfeck angewendet. An den Ecken werden verkleinerte Kopien des ganzen in paralleler Lage eingefügt und dann simultan soweit vergrößert, daß sie sich berühren.

Die linke fraktale Figur zum Fünfeck  wird auch gelegentlich auch Dürerfünfeck genannt. Weiß jemand, wie es zu dieser Bezeichnung kommt?

Solche "Eckenteppiche" erhält man zu jeder Eckenzahl. Beim Sechseckteppich erkennt man als Berandung genau die bekannte Kochkurve, bzw. Schneeflockenkurve. Bei größer werdender Eckenzahl (Siehe 11-Eck ) läßt sich die Figur immer weniger von einem Kreis unterscheiden.
 
 


Anwendung beim regulären 6-Eck


Anwendung beim regulären 11-Eck








Zwei Verkleinerungen berühren sich in diesen Abbildungen immer in einem Eckpunkt. Es sei angemerkt, daß sich beim Achteck, beim 12-Eck  und in vielen anderen Fällen die Figuren an ganzen Kanten berühren.
 
 



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Anwendung der Konstruktionsvorschrift auf das Oktaeder:
 
 

Sechs verkleinerte Oktaeder an den Ecken in paralleler Lage. Sie berühren sich an ganzen Kanten.
 
 
 
 
Oktaederschwamm
Iterationsstufe 0
 Oktaederschwamm
Iterationsstufe 1
 Oktaederschwamm
Iterationsstufe 2
Oktaederschwamm
Iterationsstufe 3 

erklären sich selbst. Die Grenzfigur, die hier entsteht, sei in Anlehnung an die von Mandelbrot stammende Bezeichnung "Mengerschwamm" als "Oktaederschwamm" bezeichnet.  Einen Oktaederschwamm zu konstruieren, ist erstaunlich einfach!
Anders als beim Tetraeder berühren sich die sechs verkleinerten Oktaeder an ganzen Kanten. Einen Eckpunkt haben sie sogar alle sechs im Mittelpunkt der Figur gemeinsam. Als Maßstab ergibt sich 2 : 1, derselbe wie beim Tetraeder. Damit passen die sechs Oktaeder verblüffend gut zusammen und weggenommen wurden acht Tetraeder.  Das in einem Schritt verringerte Volumen ist 6/8 = 62,5% des vorherigen Volumens. Beim  war das 4/8 = 50%

Die Hauptüberraschung des Oktaederschwamms folgt aber noch: In der nachfolgenden Abbildung sind die drei inneren Diagonalflächen der auftretenden Oktaeder gezeichnet und auch die in den nachfolgenden Iterationsfiguren.

Die inneren Diagonalflächen in den ersten Iterationsfiguren zum Oktaederschwamm:
Oktaederschwammgerüst
Iterationsstufe 0
Oktaederschwammgerüst
Iterationsstufe 1
Oktaederschwammgerüst
Iterationsstufe 2

 

Es ist offensichtlich so, daß diese Flächen in jedem Oktaeder beim Entfernen der nächsten acht Tetraeder voll erhalten bleiben.
Faßt man die Folge dieser Flächenfiguren als eigene Iteration auf, so ist sie in dem folgenden Sinne umgekehrt: Statt Schrumpfen durch Entfernen von Volumenelementen hat man das Wachsen durch Hinzufügen von Flächen. Dieser wachsende immer feiner werdenden Fächer aus Flächen hat die gleiche Grenzfigur wie der immer weiter durchlöcherte schrumpfende Oktaederkörper der vorherigen Iteration.

Damit ist klar, daß die Grenzfigur mindestens ein flächiges Gebilde ist, daß sie die topologische Dimension 2 hat! Der topologische Beweis, daß sie nicht drei ist, sei an dieser Stelle anderen überlassen.  Durch diese Eigenschaft unterscheidet sich der Oktaederschwamm stark von dem Sierpinski-Tetraeder und Mengerschwamm welche beides Liniengebilde sind, Figuren mit der topologischen Dimension 1.

Topologen können die Frage stellen, ob diese neuen Figur auch Universalitätseigenschaften wie Sierpinski-Tetraeder oder Mengerschwamm haben, ob er als eine Art Universalfächer angesehen werden kann für einen Bereich an flächigen Figuren, die dann alle als Teilfigur homöomorph im Oktaederschwamm stecken müssen. Die Frage läßt sich weiterspinnen: Wie ist das bei dem Oktaederschwamm, der beim Dritteln der Kantenlängen entsteht? Der ist insofern komplexer, weil in ihm im Innern unendlich viele eingeschlossen räumliche Kammern entstehen. Wir brechen an dieser Stelle die Kette der Fragen ab, denn die beiden anderen Schwämme, der Ikosaeder und Dodekaederschwamm haben auch ihre interessanten Aspekte.
 



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Ikosaeder
Anwendung der Konstruktionsvorschrift auf den Ikosaeder

Wie stoßen zwei benachbarte Ikosaeder aneinander?

Im Bild sieht man zwei kleine Ikosaeder, die nebeneinander in paralleler Lage gemeinsam an einer Kante des Ausgangsikosaeders hängen. Man erkennt im Bild, daß sich die zu AB senkrechten Kanten genau berühren müssen. Wie beim Oktaeder berühren sich zwei verkleinerte Ikosaeder an einer ganzen Kante.



Es entsteht ein neues, interessantes, überraschend kompaktes, in der Literatur nicht zu findendes Kluster von 12 Ikosaedern.
 

Die drei Schülerinnen Maike Mevenkamp, Caroline Schenk und Janina Schlenkert Klasse 10 des Gymnasium Canisianum Lüdinghausen waren zur großen Freude des Verfassers dazu bereit, die ersten beiden Iterationsfiguren aus Papier herzustellen.
Es entstand eine ästhetische Figur, deren Schönheit und Anschaulichkeit durch keine Computergrafik zu ersetzen ist.

Foto des Knubbels und der Hersteller siehe Spektrum der Wissenschaft November 2000, oder  hier.

Der Verkleinerungsmassstab:
Fragen wir uns nun nach dem Maßstab a : a'. Die Berechnung der Streckenlängen über die Koordinaten der Eckpunkte mit Hilfe der analytischen Geometrie erwies sich als sehr aufwendig. Wir kamen auf Systeme von mehreren nichtlinearen Gleichungen mit entsprechend vielen Unbekannten. Auch Software wie DERIVE verhalf uns nicht zu klaren Lösungen. Irgendwann fiel dann der Blick auf eine besondere Schnittfläche.

Unter einem Eckpunkt wird durch die fünf benachbarten Eckpunkte eine Fläche, nämlich ein regelmäßiges Fünfeck aufgespannt. Die Schnitte mit den fünf verkleinerten Ikosaedern an diesen fünf Ecken erzeugen genauso wie im oben beschriebenen Dürerschen Fünfeck fünf weitere sich an den Ecken berührende Fünfecke mit der Kantenlänge a'. Die Fünfecke berühren sich genau an den Ecken. Diese Schnittfläche entwickelt sich also beim Iterieren zu dem oben abgebildeten Fünfeckteppich. Aber nebenbei wird dadurch der gesuchte Maßstab mitgeliefert er lautet nämlich 1 + Phi. Eine faszinierende Entdeckung!  Der Ikosaederschwamm ist also genauso eng mit dem Goldenen Schnitt verbunden, wie das uralte Pentagramm. Das erklärt auch zu einem Teil sein ästhetisches Aussehen.

Die Hausdorffdimension ist damit log(12) / log(2,618...) =  2,58193... , stimmt also sogar bis auf zwei Dezimalen mit der vom Oktaederschwamm  log(6) / log(2) ? 2,5849625... überein.

Schaut man auf eine Kante, so wird sie durch die Iteration immer wieder in Stücke zerteilt und in einen Cantorstaub verwandelt. Die Stücke bleiben aber durch hinzukommende Streckenzüge immer wieder neu als ein Liniennetz miteinander  verbunden. Die topologische Dimensionen Ikosaederschwamms ist also 1 und wesentlich von der des Oktaederschwamms verschieden. Ein Beweis für diese topologische Dimension steht allerdings noch aus und erfordert Spezialkenntnisse aus der Topologie.

Interessant ist auch die Restfigur, die aus einem Ikosaeder in einem Iterationsschritt entfernt wird. Außen wird unter jeder Kantenmitte ein nicht ganz reguläres Tetraeder (fünf Kanten der Länge a' und eine von a'/Phi) entfernt und unter jeder Flächenmitte eine sechsseitige  Pyramide ( 9 Kanten der Länge a' und drei der Länge a'/Phi). Im Innern in der Mitte wird im ersten Iterationsschritt ein geschlossener Raum geleert, der die Form eines Dodekaeders hat, bei dem dann zusätzlich an jeder der 12 Flächen eine fünfseitige nach innen gerichtete Pyramide weggenommen wird, so daß ein nichtkonvexer Hohlraum vorliegt, der von 12 x 5 = 60 gleichseitigen Dreiecken mit 90 gleichlangen Kanten begrenzt wird. Dieser eingeschlossene Innenraum erhält aber sofort im nächsten Iterationsschritt durch neue Öffnungen Verbindung nach außen. Je höher die Iterationsstufe, um so größer werden die Durchblicke, um so lichter wird die Figur. Leider gibt es zur Zeit noch keine Bilder von ihr.
 



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Anwendung der Konstruktionsvorschrift auf das Dodekaeder

Wie stoßen zwei benachbarte kleine Dodekaeder aneinander?
Auch hier freuten wir uns, daß wieder wie beim Ikosaeder und Oktaeder und im Gegensatz zum Tetraeder eine Berührung an einer ganzen Kante stattfindet. Die Berührkanten liegen orthogonal zur Schiebekante.







Es entsteht wiederum eine ästhetische Figur, luftiger und lichter als der erste Iterationsschritt beim Ikosaeder. Dem Herstellen von Papiermodellen und ihrem Zeichnen steht nichts mehr im Wege:

Ein Foto eines Papiermodells der ersten Iterationsstufe, gebastelt von Barbara  Schürmann Februar 2000

Bild folgt in Kürze

Weiterhin eine Abbildung von Prof. Dr. Wobik MPI für Plasmaphyisik Greifswald mit Mathematika, Mai 2000.

Die ersten beiden Iterationsstufen erstellt mit Mathematika Oktober 2000 von Dr. Christoph Pöppe, Spektrum der Wissenschaft







Wann, bei welchem Streckfaktor, berühren sich zwei an benachbarte Ecken des Großen gesetzte kleine Dodekaeder?

Wie beim Ikosaeder entdecktman in dieser Figur an mehreren Stellen den goldenen Schnitt.
Wie beim Ikosaeder tappten wir auch hier lange im Dunkeln und kamen mit dem Rechnen mit den Koordinaten der Eckpunkte auch mit Computereinsatz nicht zu schönen Ergebnissen.
Die Lösung ergab sich dann kurz und schnell ganz ohne Computereinsatz beim Betrachten der Außenflächen eines Papiermodells der ersten Iterationsstufe. Die fünf kleinen Fünfecken in einem ehemaligen großen Fünfeck bilden eine dem Dürerfünfeck beim Ikosaeder ähnliche Pentagrammfigur:
Gab es da vielleicht einen einfachen Zusammenhang!  Man suche nach Symmetrien und auffallenden Eigenschaften! Man wird fündig!
Man entdeckt, daß sich die Verlängerungen der Kanten der kleinen Fünfecke alle im Mittelpunkt des großen Fünfecks treffen.

Stimmt das? Ein Beweis mußte gefunden werden. Das Argument, man sieht es doch, reicht nicht! Schließlich gibt es schon seltsame Zufälle.
Ein gutes Beispiel ist der Versuch das Ikosaeder aus 20 platonischen Tetraedern zusammenzusetzen. Man kann es fast, die 20 Tetraeder auf den Seitenflächen des Ikosaeders mit der Spitze im Innern sind etwas zu kurz. Der Fehler liegt unter 5%. Meine Schüler hatten einmal ein Ikosaeder aus platonischen Tetraedern gebaut, ohne diesen Fehler wahrzunehmen und glaubten eine Zeit lang felsenfest daran, daß das möglich ist, bis ich sie enttäuschen mußte.

Hier mußte ein zwingender mathematischer Beweis für den gemeinsamen Schnittpunkt im Zentrum gefunden werden. Das ist schwieriger, wenn man Neuland betritt und die Richtigkeit nirgends in der Literatur nachlesen kann

1. Schritt: Man verlängere an einer Seitenfläche die fünf an den Ecken anstoßenden nicht anliegenden Tiefenkanten.  Die Verlängerungen treffen sich in einem Punkt. Sie bilden eine Fünfseitige Pyramide. Macht man das an jeder Seite, so erhält man den sogenannten Keplerschen Stern.

2. Schritt:  Liegen zwei Dodekaeder an einer Berührkante aneinander, und gehört die Verlängerung der Berührkante auch zu je einer solchen Pyramide jedes Dodekaeders, so fallen die Spitzen der kongruenten Pyramiden aufeinander.
 
 

3. Schritt: Liegen fünf Dodekaeder sich wie in unserer Konstruktion an Kanten berührend mit je einer Fläche in einer gemeinsamen Ebene, so liegt auch die gemeinsame Spitze der fünf Pyramiden in dieser Ebene. Jetzt kann man sich noch überzeugen, daß jede Linie durch die gemeinsame Spitze gegenüber ohne Knick eine Verlängerung findet. Das gilt, da alle kleinen Fünfecke zum großen in paralleler Lage liegen.
 
 
 

Nachdem diese sehr regelmäßige, dem Pentagramm ähnliche Figur zum Vorschein gekommen ist, konnte das Verhältnis a : a' leicht berechnet werden:

Die Figur steckt voll von harmonischen Verhältnissen. Jede Lücke zwischen den Fünfecken liegt punktsymmetrisch zu einem Fünfeck, so daß es praktisch nur zwei Längen in ihr gibt, nämlich Kantenlänge a' und Diagonalenlänge d' der verkleinerten Fünfecke bzw. sich alle anderen sich daraus zusammensetzen lassen.
 

Alle Winkel im Zentrum sind gleich groß.

Bestimmung des Faktors:

die Zahl des Goldenen Schnitts ist.

Damit ergibt sich als Hausdorffdimension der etwas kleinere Wert
log(12) / log(3,618...)  2,32962.... .
Die topologische Dimension der Grenzfigur ist wie beim Ikosaederschwamm gleich 1. Es handelt sich offensichtlich wie auch schon beim Sierpinskitetraeder und Mengerschwamm eine Linienfigur. Der Oktaederschwamm war die überraschende Ausnahme

Eine nette Aufgabe für die Anwendung dynamischer Geometrie-Software, die auch von weniger begeisterten Mathematkern gern gemacht wurde:

Aufgabe:
Konstruiere in einem großen Fünfeck fünf an den Ecken in paralleler Lage liegende gleich große verkleinerte Fünfecke. Die Größe der fünf gleichen verkleinerten Fünfecke soll verschiebbar sein. Beim Verschieben der Kantenlänge der kleinen Fünfecke fallen automatisch die zwei besonderen Kosntellationen Dürerfünfeck und Dodekaederfünfeck auf. Hier eine weitere beim Spielen mit einer Lösung der Aufgabe gewonnene interessante Konstellation: Berechne auch hierbei den Verkleinerungsmaßstab mit Benutzung der Zahl des Goldenen Schnitts.







Vielleicht findet man ja noch eine Anwendung dieser Figur in einem ebenen oder räumlichen Fraktal!?
 
 



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Konkretere Angaben zur Herstellung der Modelle zu platonischen Fraktalen an unserer Schule

1998
Im Differnzierungsunterricht der 10 wurden Modelle der platonischen Fraktale hergestellt:

Sierpinskitetraedermodell Iterationsstufe  4 aus Schweißdraht von Bastian Wiedek

Bild wird noch kommen



Mengerschwammmodell  Iterationsstufe 2 (durch die vorgegebenen Lochungen wird Iterationsstufe 3 angedeutet) aus 400 blauen Rechenwürfeln aus Plastik von Nicola Kuse

Bild wird noch kommen



Der erste Oktaederschwammmodell Iterationsstufe 4 nach einem Vorschlag des Fachlehrers.
aus 6^4 = 1296 Plastikkugeln (Industrieabfall der Chemischen Werke Hüls) in vielen Arbeitsstunden zusammengeklebt von Christoph Kappenberg .

Bild wird noch kommen

Dazu entstand eine Ausstellung zu Fraktalmodellen in der Pausenhalle der Schule.

Mit dem Oktaederschwamm war damit im Jahre 1998 auch die Konstruktionsvorschrift zu Ikosaeder und Dodekaeder vorhanden. Es war uns theoretisch klar, daß sich zwei Ikosaeder und Dodekaeder an einer ganzen Kante berühren würden. Es gab noch letzte Unsicherheit und vor allem noch kein Modell.
Von Alexander Uth Leistungskurs 12 wurden die Punktkoordinaten von Dodekaeder berechnet und Rechenversuche zum Verkleinerungsmaßstab gemacht.

Auch vom Ikosaeder haben wir schließlich mit Pythagoras die Punktkoordinaten als unschöne Rechenterme rausgekriegt. Danach hat der Fachlehrer mit QBASIC kleine Programme geschrieben, welche rekursiv für mehrere Iterationsstufen Kantenmodelle (= "Drahtgestelle") von Ikosaeder- und Dodekaeder-Schwämmen zeichneten, in Zentralperspektive beliebig drehbar und vergrößerbar.

Schließlich fand der Fachlehrer im Internet die elegante Möglichkeit, die Koordinaten der Eckpunkte von Dodekaeder und Ikosaeder durch die Zahl des Goldenen Schnitts auszudrücken, was die Programmierung wesentlich erleichterte.
 

1999
Frühjahr/Sommer Johannes Rheinländer hat QBASIC-Software gestrickt, womit alle fünf  platonischen (Ecken-) Fraktale mit gefärbten Flächen gezeichnet werden.

Im Herbst 1999 wurden platonische Fraktale noch einmal als Projektarbeit angeboten.

Im November 1999 wurde von den drei Schülerinnen Maike Mevenkamp, Caroline Schenk und Janina Schlenkert Klasse 10 ein Modell des Ikosaederschwamms Iterationsstufe 2 aus Schreibpapier verwirklicht als Iterationsstufe 2.

2000
Im Frühjahr wurde ein Oktaederschwamm Iterationsstufe 3 aus Schreibpapier fertiggestellt. Auffallend die Druckfestigkeit.

Versuch eines Dodekaederschwamms in der zweiten Iterationsstufe aus 400 Dodekaedern wurde nicht  vollendet.
Ein Bild der ersten Iterationsstufe wird hier gezeigt.

März: Erster Vortrag zu Platonischen Fraktalen in Greifswald bei der Emeritierungsfeier von Prof. Dr. Flachsmeyer

April: Vortrag auf der MNU-Tagung in Stuttgart

Kontakt mit Herrn Dr. Christoph Pöppe, Redaktion Spektrum der Wissenschaft.  Dr. Pöppe hat kopierbare Bausätze für die zweite Iterationsstufe des Ikosaederschwamms hergestellt (Bezeichnung:  144 Ikosaederknubbel". Dabei nutzte er aus, daß man die eingeschlossenen inneren unsichtbaren Flächen auch weglassen kann. Die drei Schülerinnen haben in vielen Arbeitsstunden aus seiner ersten Bauanleitung ein Modell hergestellt. Im Nachhinein bezeichnet Dr. Pöppe seine erste Bauanleitung als praktisch fast  undurchführbar, so daß die drei Schülerinnen eigentlich etwas fast Unmögliches geschafft haben. Inzwischen hat er den Bausatz, auch im Hinblick auf das Geometrie-Wochenende in München, zweimal verbessert.
 

Juli: Ausstellung in Greifswald (Wanderausstellung "Mathematik und Kunst" von Prof. Dr. Schreiber, Uni Greifswald)

Juli/August: Ausstellung in Leipzig (Wanderausstellung "Mathematik und Kunst" von Prof. Dr. Schreiber, Uni Greifswald)

August: Ausstellung " Platonische Fraktale" in der örtlichen Sparkasse

September: Ausstellung in Duisburg (Wanderausstellung "Mathematik und Kunst" von Prof. Dr. Schreiber, Uni Greifswald)

Inzwischen hat Dr. Pöppe auch eine Bauasatz mit Anleitung zum Dodekaederschwamm 1. Stufe produziert.

November:. Veröffentlichung in Spektrum der Wissenschaft

2001
19. Januar: Geometriewochenende in München
Wir sind gespannt!



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Weitere Experimente
 
 

Variationen des Mengerschwamms
 


Ausstellungsstück Sierpinskitetraeder

Das Kunstwerk mit seinem Künstler
 Bastian Wiedeck
im Sommer 1998

(Dritte Iterationsstufe, bestehend aus 64 Tetraedern bzw.
36 Meter Schweißdraht, an den Nahtstellen gelötet, 50 Arbeitsstunden).
 
 
 

Das Ausstellungsstück „Mengerstern“:

Ein Kunstwerk mit seinem Künstler
 Peter Graboswki
im Sommer 1998
Die Iteration mit der zum Mengerschwsamm komplementären Operationen.
Die sieben inneren Würfel bleiben und die 20 äusseren Würfel werden entfernt.
Ein Modell aus 7x7x7 = 343 Styroporwürfeln zum Anfassen(Styroporwürfel),
 
 

In QBASIC gezeichnete Varianten zum Mengerschwamm.
1) Alle 27 Würfel bleiben, allerdings in veränderter Größe.
Die acht Eckwürfel werden vergrößert (hier auf verdoppelte Kantenlänge)
und alle 19 anderen Würfel werden zu kleineren (hier 1/5 der ursprünglichen Kantenlänge) gestaucht.
a) 26 Würfel in Außenflächenlage bis auf den mittigen innersten Würfel.

b) alle Würfel werden mittig zurechtgerückt.


 

Peter Graboswkis Mengerstern aber mir veränderten Größen der nicht entfernten Würfel.:

 

Dritte Iterationsstufe eines fraktalen Weihnachtsbaumes aus dem 7x7x7 Würfel geschnitzt.







Anmerkungen
Bemerkung zu Iterationen in der Schule:
Iteriert werden dort eindimensionale reelle Iterationsfunktionen (z.B. die Linearen Funktionen aber auch das Newtonverfahren ist ein Beispiel), wobei nicht nur die Konvergenz gegen einen Fixpunkt, sondern auch komplexeres (sprich zyklisches und chaotisches) Langzeitverhalten als ein völlig gewöhnliches Verhalten Dynamischer Systeme nahe gebracht werden soll.
 
 

Damals 1998 war anscheinend wirklich noch keiner der in dem Spektrumbeitrag Nov. 2000 und hier publizierten drei fehlenden platonischen Schwämme veröffentlicht.
Man hat mir gegenüber nach der Spektrumveröffentlichung mehrfach die Vermutung geäußert, daß es diese Figuren irgendwo geben müßte, aber noch keinen konkreten Fall explizit genannt.
Im Internet in der Newsgroup "sci.fraktals" habe ich einen russischen Mathematiker Evgeni Demidov gefunden, der genau unseren Oktaederschwamm konstruiert hat. Er nennt ihn dort Sierpinski-Oktaeder.
Mit Hilfe von Dr. Pöppe bin ich auf ein zwei Autoren aufmerksam geworden, die Experimente zu Fraktalen aus platonischen Körpern hergestellt haben.
 
 

Literatur
Sierpinski, Waclaw. Sur une courbe dont tout point est un point de ramification. Comptes Rendus hebdomadaires des séances de l'Acadeémie des Sciences 160, p. 302-305 Paris 1915
Menger, Karl "Über die Dimensionalität von Punktmengen (Erster Teil)" im Jahr 1923 Monatshefte für Mathematik und Physik  (Heft 33), S. 148-160,
und "Über die Dimensionalität von Punktmengen (Zweiter Teil)", im Jahr 1926, Monatshefte für Mathematik und Physik (Heft 34), S: 137-161(?)  
Menger, Karl. "Allgemeine Räume und Cartesische Räume". Zweite Mitteilung: "Über umfassendste n.dimensionale Mengen". Proceedings Academie Amsterdam 29, S. 1124ff,  1923
Blumenthal, Leonhard M./ Menger Karl. Studies in Geometry. W. H. Freeman and Company Sanfrancisco 1970
Mandelbrot, Benoît B. Fraktale Geometrie der Natur 1987 (engl. Orig. 1977)
Mandelbrot, Benoît B.Les objets fractals: forme, hasard et dimension In: Flammarion. Paris 1975
Urysohn, M. P. "Les multiplicites cantoriennes"  Comptes Rendus hebdomadaires des séances de l'Acadeémie des Sciences 175 II p. 440-442 Paris 1922
M. Komorek/ R. Duit/ M. Schnegelberger (Hrsg.). Fraktale im Unterricht. IPN-Materialien. Kiel 1998
W. Sternemann. Das "Schneeflockenmeter". Ein Denkanstoß zum Messen von Schneeflockenkurven. In M. Komorek/ R. Duit/ M. Schnegelberger (Hrsg.), Fraktale im Unterricht  IPN-Materialien Kiel 1998
Hausdorff, Felix  Dimension und äußeres Maß Mathematische Annalen 79 S.157-179, 1919
 

*) Für die Hilfe bei der Zusammenstellung danke ich  Herrn Prof. Dr. Hans Joachim Samaga      Universität Hamburg - FB Mathematik



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